„lieber Vampir, lieber Vlad,
gestern Abend hat mir Ilza den Link geschickt zu deinem Film über deinen Sport und über dein Leben. Es hat mich sehr berührt. Mir sind die Tränen aus den Augen gefallen. Und vielleicht ist es ein Vorteil für die Menschheit, daß Du wegen der Sanktionen und dem Dreck, den der Westen über Russland ausschüttet, keinen internationalen Sport mehr machen kannst, sondern Film. Denn der Film und dein neuer Film auch, das ist wunderbar und ein Geschenk für die Menschheit.
Schöne Grüße„
Ich wartete am Samstag auf Besuch. Angemeldet hatte sich ein Mensch, den ich zuvor nur einmal sehr kurz gesehen habe. In einer Kneipe in Perm saß ich, als zu Halloween ein Vampir ins Lokal kam. Bleiches Gesicht, lange spitze Ohren, vielleicht waren da auch noch Blutspuren. Vor allem anderen jedoch eine ungewöhnliche Physiognomie hatte dieser Vampir. Er kam auf mich zu, er habe mich in dem Film von Aleksej Romanov gesehen und so weiter…..
Dieser Vampir meldete sich vor einigen Tagen. Er habe einen Film gedreht. In einem buddhistischen Refugium, hier irgendwo im Ural. Und er würde sich wünschen, etwas von meiner Musik für seinen Film benutzen zu dürfen. Ich fragte meinen Duo-Partner Matthias, ob er etwas dagegen habe, Musik rauszurücken für ein gänzlich unbekanntes Projekt. Meistens haben wir beide Urheberrechtsansprüche an das, was hier als „meine“ Musik präsentiert wird…. Nach dessen Zusage ludt ich den Vampir ein. Er wollte also am Samstag mit dem Bus von Perm kommen. Es sind dann von der Bushaltestelle bis zu mir noch 5 Kilometer zu gehen….
Dann hat er mit Bedauern abgesagt, denn es würde kein Bus mehr nach Perm zurückfahren am Samstag, nach optionalen 10 Kilometern Marsch, um mich zu treffen… Ich habe kurz herumgedacht und herumdisponiert, mein alter cooler Nachbar wollte eh auch nach Perm, also bin ich am Sonntag in die Stadt gefahren, verschiedenes habe ich erledigt und dann kam ich zu der Wohnung vom Vampir. Er kommt runter und öffnet. Hat weder links noch rechts einen Arm, nicht mal einen Ansatz, auch nicht wie bei den Contergans Hände. Nix. Ok. Wir fahren rauf zu seiner kleinen Wohnung, da sitzen Freundin und die Cutterin, alle drei sehr jung, könnten meine Kinder sein. Wunderbare wache offene junge Menschen. Nach kurzem BlahBlah schauen wir den Film an, für den die Musik sein soll und der Film trifft mich enorm. Ganz stille ruhige intensive Einstellungen, zärtlich, gedreht bei minus 40° irgendwo in der Taiga, es kommen Menschen in diesem Film vor mit so wunderbarer Energie und Ausstrahlung, wie ich das in Deutschland -glaube ich- niemals gesehen habe. Ich bin zutiefst berührt, gebe dem Vampir, der übrigens Vlad heißt, einige Musik, von der ich glaube, sie könnte sich in diesen Film dreinfügen… Es war eine total schöne Zeit bei Vlad, dem Vampir und genialen Regisseur, der Student war bei „meinem“ Aleksej Romanov, der Filme über mich gemacht hat.
Sehr erfüllt von einem schönen Tag sitze ich abends in Lyubimovo und sauge glücklich an einer Flasche original „Kulmbacher Lager-hell, die ihren Weg nach Perm fand und nun zwischen „Leffe tripel“ hell und dunkel und so weiter trotz Sanktionen erfreulicherweise zum Verkaufe stand.
Ich kriege eine Nachricht von meiner lieben Ilza und einen Link dazu. Schaue das an und mich haut es schier um. Der liebe junge Vampir, dem im Alter von drei oder vier Jahren in einer Strom-Umspannstation, der umgebende Zaun war vom Schnee zugeschüttet, ein Kontakt mit Starkstrom die Arme abgebrutzelt hatte, ist bei den Paralympics-Wettkämpfen siebenfacher Weltmeister in Taekwondo. Und da der sogenannte Wertewesten alles mögliche sanktioniert hat, kann der Vlad, der Vampir, nicht mehr weiter seinen Sport auf diesem Niveau machen, also macht er Filme. Ich schaue mir diesen Film an und eine unglaubliche Dankbarkeit steigt in mir auf, was für schöne Sachen ich in diesem Leben erleben darf. Was für Menschen, mit solch schöner Energie – der höchst lebendige Gegenbeweis zu dem blöden deutschen Spruch: „Lieber arm dran als Arm ab“.
Was für ein Kontrast zu dem Programm, mit welchem ich von Deutschland aus bespielt werde. Doch das ist nur noch peripher.