„Der Bär ist dagegen“
das ist das Motto einer Initiative, eine Programmierung für die Fahrgäste, es fiel mir im Bus auf. Denn es gibt nun auch in Perm immer weniger der alten Busse, die vor dreißig oder vierzig Jahren in Deutschland fuhren und die irgendwann hier landeten, teils noch mit Reklamen von Möbelhäusern aus Gelsenkirchen oder Autolackierereien aus Brunsbüttel. In den neuen Bussen sind auch Bildschirme, von denen aus auf die armen Passagiere eingewirkt wird, mit Werbung, läppischem Geplänkel und eben auch einige Comic-Filmchen unter dem Motto: „Der Bär ist dagegen“
Ich bin extra mehr Bus gefahren als nötig, um eine komplette Serie dieser Bärenfilme aufzunehmen. Leider war in den letzten Busfahrten so ein Gedränge, daß ich keine Chance hatte, zu filmen, auch ist nicht in jedem Bus das Vergnügen möglich, sich an einem oder vielen Bärenfilm zu laben. Doch ich werde mir Mühr geben und ab und zu ein neues Bären-Filmchen reinstellen. Inhalt dieser Filmchen ist die Aufforderung zu einer gesünderen Lebensweise, rauchen aufhören, saufen aufhören, Sport statt Glotze und so weiter. Damit werden hier in Russland die Menschen programmiert.
Es gibt ja immer wieder Gelegenheiten, bei denen ich feststellen muss, wie enorm erfolgreich die Programmierung in Deutschland vorankam, erwische mich natürlich immer wieder selber bei solchen Sachen: des Programmiertseins. Ich habe zum Beispiel einigen Menschen kurze Filmsequenzen meiner Alkoholbrennaktion geschickt, da gibt es hübsche Details und das ergibt auch noch ein neues Filmchen. So kam von einem Freund aus Deutschland etwas zurück und er gebrauchte den Begriff „Schwarzbrennen“.
Ich schrieb zurück, Brennen-ja, Schwarzbrennen-nein. Das ist also untrennbar damit verknüpft, daß Brennen verboten ist. Und erst bei meinem Antwort an diesen Menschen fiel mir das auf, wie dieser Begriff von vorneherein negativ konnotiert ist.
Da ich ja das Auto von einem Freund, dem Uwe, habe, kommt es manchesmal vor, daß mich die Polizei rauswinkt, zum Zwecke einer Kontrolle. Das passiert hier öfters als das in Deutschland der Fall war. Die ersten zwei, drei Mal dachte ich bei mir noch: „Ach du Scheisse!!!“ Denn ich erinnere mich an die teilweise üblen Szenen, die sich in Deutschland bei solchen Kontrollen ergaben. Und ich bin in Russland, ich habe viele James-Bond-Filme gesehen mit russischen Polizisten, und ich hatte üble Begegnungen mit Volkspolizisten in der DDR.
Doch inzwischen habe ich etwas Interessantes gelernt: Wenn ich in Deutschland angehalten werde und ein Polizist steht vor mir und will meine Papiere, dann emittiert dieser Polizist die Energie, daß ich ja per se schon schuldig bin, einzig aus dem Grunde, da er mich ja kontrolliert und ein guter Mensch wird nicht kontrolliert.
Im geistigen Raum wabert herum: „warte nur, ich finde deine Schuld !!!“
Das gibt es hier überhaupt nicht. Der Polizist macht seinen Dienst. Stoisch wie ein freundlicher Schaffner bei der Eisenbahn. Das hat eine gänzlich andere Struktur. Und höflich waren alle, ausgesprochen höflich.
Gerne hätte ich mal in Deutschland zu einem Polizisten gesagt, daß er mich mal am „Ohr schlecken könne, auch kreuzweise“ Doch dieses Sprachspielchen, für das mich Karl Valentin bestimmt gelobt hätte, das fiel mir erst spät ein und während dieser sogenannten „Pandämie“ war absolut Schluß-mit-lustig. Jetzt wollen die alle gerne vergessen, wie sie mit den Impfgegenern umgegangen sind, wie auf Demonstrationen alte Frauen von der Polizei geprügelt wurden, Tränengas auf absolut friedliche Menschen gespritzt wurde und der damalige SPD-Stadtrat in Baden-Baden mit Wasserpistolen voller Pisse die Demonstranten demütigen wollte, assistiert von einem Pfaffen, dem dazu der Einsatz von Buttersäure vorschwebte. Kein Witz, das war nicht vor achtzig Jahren bei Hitler, sondern vor zwei Jahren.
Daß manche der Leute wieder nach Russland zurückkehren, die vor der Teilmobilmachung abgehauen sind, das stimmt mich irgendwie froh. Denn da sind gute Leute dabei, die ich mag und auch vermisst habe.
Vor etwa zwei Wochen war ich eingeladen. Da war (mal wieder) ein wirklich besonders großes Mißverständnis, ich dachte, es ginge um Musik. Im Deutschen, Englischen und auch auf Russisch bedeutet „Spielen“ zweierlei. Nämlich ein Instrument oder etwas, das mit Sport zu tun hat. Man spielt Fußball, Tennis, Schach oder Tuba.
In Italien bringt man ein Instrument zum Erklingen, da hat Spielen nichts mit Musik zu tun. Ich dachte also, nun kommt traditionelle sowietische Marschmusik oder so etwas auf mich zu. Doch ich lag total falsch.
Vladimir, dieser freundliche Mann übersetzt meinen Blog nun regelmäßig ins Russische, wofür er und auch ich Lob bekommen, der hatte mich eingeladen, es war ihm auch irgendwie wichtig, daß ich komme. Ich kam also an und es war da eine riesige ziemlich kalte Turnhalle. Mehrere Gruppen wurden gebildet und man trat nun in verschiedenen Disziplinen an, um sich mit einer gegnerischen Gruppe zu messen, Geschwindigkeit, Geschick und auch etwas Strategie sind da gefragt gewesen. So etwa wie Völkerball zum Beispiel. Solche Spielchen habe ich früher in irgendwelchen Zeltlagern gemacht, machen müssen und eigentlich ist mir so etwas immer ein totales Greuel gewesen, auf Trillerpfiff und so…. doch hier war das auch lustig. Und ich freue mich immer, wenn ich sehe, mit welch kindlichem Gemüt die Menschen hier gesegnet sind. Also kindlich, nicht kindisch.
Heute war ich mal wieder in Perm, in der Stadt. Auf dem Rückweg hörte ich die Sirene einer Ambulanz. Da fiel mir wieder dieser nonstop Höllenlärm ein, mit dem man in Deutschland traktiert wird, diese unentwegten Sirenen von Polizei, Ambulanz, Feuerwehr. Ich glaube nicht, daß hier in Russland weniger passiert und deshalb weniger solcher Einsätze gefahren werden. Doch das ist kein Anlaß, solchen Höllenlärm zu veranstalten, das Leben akustisch zu verunstalten, ich hatte manchmal in Baden-Baden den Gedanken, daß die Lobby der Sicherheits-Industrie, Alarmanlagen, Schlösser, Überwachungsdienste und so weiter, den Rettungsdiensten diese besonders lautstarken Sirenen sponsern, um den Angstpegel der Menschen besonders hoch zu halten, nach dem Motto: Je lauter und je öfters, desto mehr Angst erzeugt es, desto mehr kaufen die Leute unser Zeug, desto kleinlauter werden sie Anbetracht des Lärmes…Auch dieses teuflische Gebämmel der Kirchenglocken. Wie schön ruhig es hier doch ist.
Die Zeit zwischen Wintersonnenwende und irgendwann etwa Mitte Januar ist hier in Russland anders als der Rest des Jahres. Weihnachten wird erst am 06. Januar gefeiert. Geschenke gibt es zu Neujahr. Da habe ich heute wieder eine Lektion erhalten, als mir eine liebe Freundin zu Neujahr etwas schenkte, total liebevoll. Ich hatte nichts, es war mir ziemlich peinlich. Ich hoffe, daß ich das noch lernen werde und nächstes Jahr die Rituale hier eleganter meistere.
Gutes Freudvolles Neues Jahr, Klaus Burger!
Mögen Musik, Mut, Kraft, Liebe, Wahrheit und Ausgleich stets mit Dir sein.
Beste Grüße aus Deutschland
Sascha Gesang
vielen Dank, ich hoffe, daß es dir ebenso vergönnt sei, mit diesen schönen Attributen leben zu können. Hallelujah