Ich habe vor gut einer Woche meinen Pass von der Polizei zurückbekommen. Und zwar mit dem Stempel einer „RWP“ darinnen. Das ist das nötige Dokument, um die nächsten drei Jahre hier bleiben zu können und dann auch eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu beantragen und zu bekommen. Dafür bin ich auch nicht mehr auf Kommunikation mit den deutschen Behörden angewiesen. Das geht dann hier vor Ort und ohne monatelanges Warten auf Briefe, die dann trotz Krieg irgendwann hier eintreffen. Das war ein lange lange unschöner Umstand, Situation, in der ich gelebt habe, über fünf Jahre. Versprechungen, Hoffnungen aller Art und dann kam die Hilfe von einer ganz unerwarteten Seite. Ich schreibe hier noch einmal ausdrücklich meinen herzlichen Dank dafür. Und das Gefühl für die neue Situation hat sich nicht wie auf Knopfdruck verändert, sondern ich merke, wie große Lasten langsam von meiner Seele rutschen, während meine Wurzeln gewissermaßen in der schweren, fruchtbaren schwarzen Erde von Mütterchen Rußland hineindringen, sich verankern, trotz hartgefroren in Moment.
Es gab mit einem deutschen Kontakt ein weiteres von vielen erschreckenden, auch traurig machenden Ereignisse… ich schrieb einem Musiker, mit dem ich vor siebzehn Jahren ein Konzert gemacht hatte, während des Anhörens dieses Mitschnittes einen schönen Gruß und tat ihm kund, daß das ein schönes Konzert war, wie ich aufgrund der „ewig“ nicht gehörten Aufnahme feststellen durfte. Es kam eine ziemlich lange E-Mail zurück. Wie ich als freiheitsliebender Mensch denn in Russland, diesem Vorhof zur Hölle quasi, leben könne und dann ging ein langer Text los. Diesen Text habe ich fast wortgleich schon oft gehört oder gelesen. Es gibt bestimmte Schreibwendungen, Redewendungen, die sind in dem kollektiven Bewußtsein dieser Menschen fest verankert. Die Redewendungen sind der deutschen Presse und dem deutschen Fernsehen entnommen. Und wenn ich diesen Leuten nun erzählen möchte, daß ihre Erkenntnisse über Rußland ja nicht ihre eigenen sind, sondern von außen in sie hineinkamen, dann sind sie hochempört und behaupten, daß sie eigenständig denken könnten, sich keinesfalls programmieren ließen. Gleichzeitig merken sie allerdings gar nicht, daß sie da einen Auslöseknopf in ihrem Bewußtsein installieren ließen, der die Interessen ganz anderer Energien und Mächte voranbringt. Der Auslöseknopf wird dann dadurch gedrückt, daß ich nach Russland ging…. Dieses Phänomen ist besonders bei Altlinken und ähnlichen Gutmenschen zu finden, zu denen ich eigentlich auch mal gehörte. Wir standen vor 40 Jahren gemeinsam in einer Friedenskette, das waren damals mindestens 300 000 Menschen, 130 Kilometer lang, um gegen die Stationierung von Pershing II- Atomraketen zu demonstrieren, protestieren, die die USA in dieser Zeit in Deutschland aufstellen wollten. Das war im Herbst 1983. Damals war Amerika für uns „der große Satan“ und wir wollten kein amerikanisches Militär in Deutschland haben. Es ist mehr als seltsam, daß aus der damaligen Zeit so wenige ihr Denken bewahrt haben und daß diese Leute nun, besonders sind das die Gespritzten, so naiv sind und den Mist glauben, der ihnen erzählt wird und sie darum so vehement und haßerfüllt hier herüberstarren. Es ist erschreckend. Umgekehrt bin ich von blöden Sprüchen oder unangenehmen Energien hier bisher absolut unbehelligt. Im Gegenteil, man mag Deutschland. Doch man mag nicht die deutschen Politiker, also gar nicht.
Was schöneres: Ein freundlicher junger Mensch brachte mir die nötigen Behälter und Gerätschaften, um damit aus Zucker, Wasser und Hefe durch einen Gärprozess Alkohol zu gewinnen. Demnächst ist diese Gärung vorüber und dann wird in einer Destille das Wasser und der Alkohol voneinander getrennt. In Deutschland ist das verboten, wenn man nicht ein „Brennrecht“ besitzt. Hier ist das irgendwie egal.
Es war eine schöne Zeit mit der Hefe, die habe ich begonnen, liebzugewinnen, wie ein Haustier oder so etwas. Es gluckerte nämlich allerliebst, ein freudvolles entspanntes, gleichzeitig entspannendes, sehr beruhigendes Gluckern über Tage, während sie sich an dem Zucker labte und Kohlensäure pupste, die das Gluckern hervorbrachte. Richtige Musik war das. Es sind drei Behälter und entgegengesetzt proportional zu Glocken hatte der größte Kanister den schnellsten Takt, alldieweilen der kleinste am langsamsten war. Wenn das gebrannt ist, habe ich genug „Munition“ für Absinth im nächsten Jahr und für Tinkturen und Experimente vielerlei Art.
Ich habe diese Woche viele Aronia-Beeren gesammelt. Bei -17°. Da sind die hartgefroren und man versaut sich nicht so mit dem schwarzen Saft. In Deutschland habe ich manchmal die getrockneten Beeren oder Saft gekauft, das war immer sehr teuer, hier gibt es so viel, daß es die Leute wenig interessiert.