11. 02. 2023
11. 02. 2023

11. 02. 2023

heute fand ein im Ural anscheinend übliches Rirual statt: Man hat dem Pascha, der vor 40 Tagen starb, in diesem Haus hier, in das ich grad gekommen bin, einen Nachmittag gewidmet. In dem Moment, in welchem ich das jetzt gerade das aufschreibe, beschmutze ich eigentlich – diese geradeaus schöne Einfachheit von diesen Ereignissen, an denen ich als in der Fremde geborener teilnehmen darf.

Wie in einer Art von Kreis oder Strudel erinnert das mich wieder an meine Zeit in Italien vor vierzig Jahren. Kein Unterschied, außer kälter und kein Wein auf dem Tisch.

Leise Menschen kommen rein. Schüssel um Schüssel, Teller, Schalen, Servietten

Alles kommt wie aus dem Nichts von den Gästen mitgebracht.

Kurz hebt die Schwester des verstorbenen Pascha den Plastikbecher mit dem Wodka drin, beginnt zu schluchzen, keine weiteren Worte. Stille, doch keine Tragik

Ich mache viel falsch. Durch das deutsche Hirn, welches rackert, strategisch/taktisch zu zeigen versucht, daß wir aus Deutschland doch klasse Typen sind, alles wissen, vieles können.

Ich habe gestern die beiden Räume gekehrt und gewischt. Die Teppiche, die hier lagen, würde ich gerne erst saubermachen, bevor sie zurückkommen……

Das mag heute bewirkt haben, daß knapp 20 arme und darauf unvorbereitete Russen kalte Füße hatten, da ein Deutscher seinen Putzwahn realisieren will. Vielleicht jedoch haben sie den Zusammenhang zwischen ihren kalten Füßen und meinem Bestreben, hier sauberzumachen, gar nicht erkennen wollen oder erkannt. Ich sitze ziemlich still dabei und versuche, nicht aufzufallen. Man schenkt mir Wodka nach und ich trinke für die Autofahrenden mit, tapfer trinke ich alles aus. Kurz vor der Abfahrt bittet mich ein eher jüngerer Verwandter aus der Pascha-Familie nach draußen. Er hatte die ganze Zeit mit unbewegtem Gesicht und eher stumm dabeigesessen. Ich gehe also mit ihm raus, keine Ahnung, was nun folgen könnte. Er holt aus seinem Auto ein selbstgemachtes Schneidebrett, ein Küchenbrett, aus Buche, die gibt es hier nicht, und schenkt mir das.

Wie bewegend solche Momente sind und ich kann eben dadurch auch erkennen, daß ich in den Kreis aufgenommen bin.


Kurz bekam ich mit, daß man sich über die deutsche Außenministerin lustig gemacht hatte, doch ich habe nicht nachgehakt.
Wenn diese an einem Galgen endet, werde ich nicht weinen, lachen auch nicht….. ein Gefühl einer übergeordneten Gerechtigkeit würde sich einstellen…
Nachdem die letzten abgefahren sind, biegt sich der Tisch gewissermaßen immen noch unter all dem Essen, welches man mir hier zurückgelassen hat, wie bei der „Speisung der 5.000“ in der Bibel. Tadellos wurde alles saubergemacht und ich habe wieder eine Lehrstunde bekommen, wie das hier in Familienkreisen in der Provinz im Ural gehandhabt wird. Dafür bin ich sehr dankbar.

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